Sprache 8: Die Satzstruktur

Es lohnt sich durchaus, einen Blick auf die Satzstruktur einer Sprache zu werfen. Natürlich kann man die Sätze einfach Wort für Wort vom Deutschen in die neue Sprache übersetzen - je nachdem, für welche Grammatik du dich aber für Substantiv, Adjektiv und Verb entschieden hast, könnte ein solcher Vorgang zum Chaos führen.

Worum geht es in diesem Artikel?

  • Hauptsätze
  • Nebensätze
  • Fragesätze
    • Mit Fragewort
    • Ohne Fragewort
  • Verneinungen
  • Befehle
    • Verneinte Befehle

Gewöhnliche Aussagesätze

In der Linguistik wird zwischen SVO- und SOV-Sprachen unterschieden. Dabei geht es um die Reihenfolge der Satzglieder in einem ganz normalen Hauptsatz: Subjekt-Verb-Objekt oder Subjekt-Objekt-Verb? Bizarrerweise gehört das Deutsche zur letzteren Gruppe, die Erklärung dazu, würde allerdings hier den Rahmen sprengen.

 

Besonders alte Sprachen setzen das Verb ans Ende des Satzes, etwa Latein ist eine solche SOV-Sprache. Weit vertrauter, weil in den modernen bzw. in Europa gesprochenen Sprachen häufiger, ist uns die SVO-Stellung wie im Englischen, Italienischen, Französischen und vielen anderen. Irisch dagegen wäre eine VSO-Sprache: Hier steht das Verb immer an erster Stelle.

 

Abgesehen von Subjekt, Verb/Prädikat und Objekt gibt es noch weitere Satzglieder wie etwa Adverbiale der Zeit und des Ortes. Auch Genitiv-, Dativ- und Akkusativobjekte folgen gerne einer strengen Stellung.

Grundsätzlich gilt, dass Sprachen mit starker Deklination freier in der Wortstellung des Satzes sind. Aufgrund der Endungen besteht kein Zweifel, welche Rolle das Satzglied spielt und kann daher stehen, wo der Sprecher es hinstellen mag. In anderen Sprachen muss die Satzstellung umso strenger sein, da die Deklinationen völlig weggefallen sind - hierzu gehört das Englische. In der Mitte dieser beiden Typen steht dagegen das Italienische, das zwar tendenziell strengen Regeln unterworfen ist, aufgrund seiner Vielzahl an Präpositionen aber noch einigermaßen Ordnung in seine Satzbausteine bekommt und daher etwas lockerere Regeln hat.

 

Satzglieder sind also:

  • Subjekt (Wer oder was?)
  • Prädikat (Was tut das Subjekt?)
  • Dativobjekt (Wem?)
  • Akkusativobjekt (Wen oder was?)
  • Genitivobjekt (Wozu gehört das Subjekt oder Objekt?)
  • Adverbiale der Zeit (Wann? Wie lange?)
  • Adverbiale des Ortes (Wo? Wohin? Woher?)
  • Modale Adverbiale (Wie?)

 

Beispiel:

Die Frau kocht ihren Kindern am Abend in der Küche voller Vorfreude das Rezept ihrer Mutter.
Subjekt Prädikat Dativobjekt Adv. d. Zeit Adv. d. Ortes Modales Adv. Akkusativobjekt Genitivobjekt

 

Im Deutschen kann dieser Aufbau wie gesagt stark variieren, im Englischen dagegen folgt er festen Regeln. Du kannst dir für deine Sprache beispielsweise überlegen, an welche Stelle man üblicherweise Adverbiale der Zeit oder des Ortes setzt (in vielen Sprachen stehen sie am Wortanfang).

Nebensätze

Selbstverständlich kann man Nebensätze ebenso aufbauen wie Hauptsätze. Das ist einfacher und ergibt weniger Probleme, zumindest bei SVO-Sprachen. Übersetzt man allerdings Wort für Wort vom Deutschen in die neue Sprache, begegnet man hier ersten Problemen: Denn im Nebensatz rutscht das Prädikat an die letzte Position - und wenn man diese grammatikalische Struktur für seine Sprache übernimmt, dann sollte das keinesfalls unwissentlich geschehen.

Warum man nicht direkt aus dem Deutschen übersetzen sollte

Ich kann nur davon abraten, direkt Wort für Wort aus dem Deutschen in deine neue Sprache zu übertragen - dafür ist das Deutsche einfach denkbar ungeeignet. Die Satzstellung insbesondere in Bezug auf das Prädikat und das Subjekt variiert viel zu häufig und folgt nicht immer klaren Regeln, sodass man sich dabei zwangsläufig in seiner neuen Sprache verrennen würde.

Das Prädikat steht im Deutschen weder immer an der letzten Stelle, obwohl wir uns ja wie gesagt in einer SOV-Sprache befinden, noch immer an der zweiten Stelle, wie eine gewisse V2-Regel besagt (nach dieser Regel steht das deutsche Verb immer an zweiter Stelle, auch wenn vor das Subjekt ein weiteres Satzglied geklemmt wurde).

 

Vergleiche die Position von Subjekt und Prädikat:

Ich gehe nach Hause.

Schnell gehe ich nach Hause.

Obwohl es regnet, gehe ich nicht nach Hause.

 

Hier spielt das Phänomen des deutschen "Vorfelds" mit rein, das vielen Muttersprachlern völlig unbekannt ist, weil sie es intuitiv richtig machen, für Deutschlernende aber ein großes Problem darstellt (und das ich an dieser Stelle nicht erkläre, um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen).

Lange Rede, kurzer Sinn: Aufgrund der komplexen Syntax im Deutschen empfiehlt es sich auf keinen Fall, diese einfach auf die neue Sprache zu reproduzieren.

Fragesätze

Fragesätze beginnen entweder mit einem Fragewort oder einem Verb:

  • Wie heißt du?
  • Heißt du Johann?

Auch hier fällt sofort die Wortstellung von Subjekt und Prädikat ein. Vergleiche dazu auch andere Sprachen:

  • Englisch:
    Who are you?
    Are you John?
  • Italienisch:
    [TuCome ti chiami [tu]?
    [Tu] Ti chiami Giovanni?
    (Subjekt bereits im Prädikat enthalten.)
  • Schwedisch:
    Vad heter du?
    Heter du Johan?
  • Französisch:
    Comment tu t'appelles?
    T'appelles-tu Jean?

Die Frage, die sich also stellt, ist die Position der Satzglieder bei Fragen mit Fragewort und ohne Fragewort. Ohne Fragewort bietet sich an, das Verb an die erste Position zu stellen, da die Frage sich auf dieses bezieht. Hast du dich allerdings dazu entschlossen, eine VSO-Sprache zu konstruieren, muss die Frage auf andere Weise deutlich gemacht werden. Abgesehen von Satzglied-Umstellungen sind auch Fragepartikel denkbar, also kleine Wörter ohne besondere Bedeutung, die lediglich anzeigen, dass es sich bei diesem Satz um eine Frage handelt. Diese Fragepartikel können einer beliebigen Regel folgen, also entweder am Satzanfang oder -ende stehen, vielleicht aber auch irgendwo inmitten.

Verneinungen

Kommen wir am Ende zu den Verneinungen. Auch hier stellt sich die Frage, wo du das "nicht" platzierst. Es gibt drei Möglichkeiten:

  • Hinter das finite Verb
    Deutsch: Ich will nicht!
  • Vor das finite Verb
    Italienisch: Non voglio!
  • Das finite Verb steht zwischen der Verneinung
    Französisch: Je ne veux pas!

Auf jeden Fall sollte die Verneinung in der Nähe des finiten Verbs stehen, immerhin bezieht es sich darauf. Steht es unabhängig von der Verbstellung immer am Satzanfang muss man aufpassen, wie man Sätze mit mehreren finiten Verben löst:

 

Deutsch: Heute lachen wir und weinen nicht!

Italienisch: Oggi ridiamo e non piangiamo!

Französisch: Aujourd'hui on rit et on ne crit pas!

 

Vorsicht ist auch bei Verben geboten, die aus mehreren Teilen bestehen:

 

Deutsch:

Ich bin nicht nach Hause gegangen.

Aber: Ich werde mir das nicht anhören.

 

Italienisch:
Non sono andata a casa.

Non me lo ascolterò.

 

Befehle

Verben im Infinitiv stehen meist am Satzanfang:

 

Geh weg! Schreib den Brief!

Vai via! Scrivi la lettera!

 

Gerade bei negierten Imperativen stellt sich allerdings erneut die Frage nach der Stellung des nicht:

 

Geh nicht weg! Nicht weggehen! Schreib nicht den Brief! Nicht den Brief schreiben!

Non andare via! Non scrivere la lettera!

 

Auffallend ist, dass was im Deutschen eine Variante im  Italienischen Pflicht ist: Im negierten Imperativ steht das Verb nicht konjugiert, sondern im Infinitiv, dafür steht das nicht am Satzanfang.

Der Wortbaukasten

Wichtige Wörter und Phrasen


Kommentar schreiben

Kommentare: 0