Sprache 5: Das Verb

Nach der Komplexität der Adjektive geht es zum nächsten schwierigen Thema: Die Verben sind in manchen Formen sehr einfach und schnell zu bestimmen, in anderen wie dem Futur, dem Konjunktiv oder dem Passiv können sie im ersten Moment irritierend wirken.

Worum geht es in diesem Artikel?

  • Auswahl der Formen in
    • Tempus
      • Vergangenheit
      • Gegenwart
      • Zukunft
    • Modus
      • Indikativ
      • Konjunktiv
      • Imperativ
    • Genus
      • Aktiv
      • Passiv
  • Partizipien
  • Unterschiedliche Verbklassen
  • Hilfsverben
  • Modalverben und ihre Verneinung

Die Konjugation der Verben

Die Personen

Vollkommen gleichgültig wie viele Geschlechter du in deiner Sprache hast - beim Konjugieren gibt es nur noch genau sechs verschiedene Personen. Ist dir nach viel Exotik kannst du natürlich auch hier deine eigenen Ideen mit reinbringen, ich zumindest kenne aber keine Sprache, die in diesen sechs Formen variiert. Diese sind:

  • 1. Person Singular: Ich
  • 2. Person Singular: Du
  • 3. Person Singular: Er, sie, es, usw.
  • 1. Person Plural: Wir (inklusiv und exklusiv)
  • 2. Person Plural: Ihr (inklusiv und exklusiv)
  • 3. Person Plural: Sie (in allen Geschlechtern)

Diese 6 Formen bleiben immer dieselben und werden uns nun während der gesamten Arbeit mit den Verben begleiten.

 

(In der Grammatik spricht man von lediglich 3 Personen im Singular und Plural. Der Einfachheit halber wird mir aber immer wieder die Floskel "6 Personen" unterlaufen.)

Tempus, Modus und Genus

Abgesehen von der Person unterscheidet man Verben im Tempus, Modus und Genus.

 

Das Tempus ist die Zeit. Grob gesagt gehören dazu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Innerhalb der unterschiedlichen Modi gibt es allerdings noch viel mehr verschiedene Zeiten.

 

Der Modus ist die Form. Unterschieden wird in Indikativ (Wirklichkeitsform), Konjunktiv (Möglichkeitsform) und Imperativ (Befehlsform).

 

Der Genus unterscheidet in Aktiv und Passiv.

 

Die verschiedenen Sprachen unterscheiden sich beträchtlich darin, welche Zeit- und Modusformen es gibt, daher stehen einem auch beim Sprachenerstellen sehr viele Möglichkeiten offen (jeweils im Aktiv und Passiv):

 

Deutsch

 

Präsens

 

 

Perfekt

Präteritum

Plusquamperfekt

 

 

 

 

Futur 1

Futur 2

 

 

 

 

Konjunktiv 1

Konjunktiv 2

 

 

 

 

 

Imperativ

Englisch

 

Present Simple

Present Progressive

 

Past Simple

Past Progressive

Present Perfect Simple

Present Perfect Progressive

Past Perfect Simple

Past Perfect Progressive

 

Will-Future

Going-to-Future

Future Progressive

Future Perfect Simple

Future Perfect Progressive

 

Conditional Simple

Conditional Progressive

Conditional Perfect

Conditional Perfect Progressive

 

 

 

Imperative

Italienisch

 

Presente

 

 

Passato Prossimo

Imperfetto

Passato Remoto

Trapassato Prossimo

Trapassato Remoto

 

 

Futuro

Futuro Anteriore

 

 

 

 

Condizionale Presente

Condizionale Passato

Congiuntivo Presente

Congiuntivo Passato

Congiuntivo Imperfetto

Congiuntivo Trapassato

 

Imperativo


Wie man sieht, gibt es sehr unterschiedliche Zeitformen. Manche wie das Präsens, das Perfekt, das Imperfekt bzw. Präteritum, das Plusquamperfekt, das Futur, eine Vergangenheits- und eine Gegenwartsform des Konjunktivs sowie einen Imperativ besitzen die meisten indogermanischen Sprachen. In anderen Formen unterscheiden sie sich teilweise drastisch: Etwa das Englische mit seinen Progressive-Formen oder das Italienische mit einer dritten Vergangenheitsklasse oder den unzähligen Konjunktivformen.

Im Indikativ

Es gibt ein gewisses System hinter den verschiedenen Zeiten und das ist nicht mal allzu kompliziert. 

 

Im Indikativ benötigt man jede Zeitstufe in Gleichzeitigkeit und Vorzeitigkeit, also:

  • Gegenwart
    Präsens und Perfekt
  • Vergangenheit
    Präteritum und Plusquamperfekt
  • Zukunft
    Futur 1 und Futur 2

Auf den Futur kommen wir jedoch später nochmal zurück, da seine Formen auch etwas verwirrend sein können. Jetzt lasse ich ihn erst einmal außen vor.

 

Die vier Zeiten, die ich unter Gegenwart und Vergangenheit angeordnet habe, sind unabdingbar. Der Perfekt drückt ein Vorzeitigkeitsverhältnis zum Präsens aus, das Plusquamperfekt tut dasselbe beim Präteritum.

 

Ich schließe die Tür, nachdem ich nach Hause gekommen bin.

Ich schloss die Tür, nachdem ich nach Hause gekommen war.

 

Diese beiden Sätze zeigen jedoch schon, dass diese 4 Zeiten in Wahrheit nur 2 Formen verlangen. Später in der Tabelle müssen lediglich Präsens und Präteritum konjugiert werden - Perfekt und Plusquamperfekt ergeben sich dann von alleine aus dem Partizip Perfekt und dem Hilfsverb entweder im Präsens (für das Perfekt) oder Präteritum (für das Plusquamperfekt).

 

Das Präteritum wird übrigens gerne durch einen Zwischenkonsonant angezeigt. In germanischen Sprachen ist dies ein d oder t, in romanischen Sprachen ein b oder v:

 

Deutsch: ich fragte

Englisch: I asked

Schwedisch: jag frågte 

Lateininterrogabam

Italienischchiedevo

Das Futur

Das Futur ist eine etwas eigenwillige Form. In manchen Sprachen gibt es dafür eigene Endungen im Verb, etwa im Italienischen oder Französischen:

 

io andró

j'allais

 

Sehr viele andere Sprachen sind da weit komplizierter und nehmen sich Hilfsverben und -formen zur Unterstützung:

 

Deutsch: Ich werde gehen

Englisch: I will go/I am going to go

Schwedisch: Jag ska gå

 

Für die Bildung ist es sicherlich um ein Vielfaches einfacher, wenn man eine feste Endung nimmt wie im Italienischen oder Schwedischen. Natürlich ist auch ein anderer Weg denkbar und natürlich.

Zurück zum Modus: Der Konjunktiv

Wir haben uns nun eingehender mit den Zeiten des Indikativ befasst. Doch auch der Konjunktiv ist wichtig. Er stellt Dinge in eine Möglichkeitsform und sollte zudem imstande sein, dies sowohl für Sätze in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit zu tun. Sehr viel komplizierter ist mal wieder das Futur - die meisten Sprachen verwenden dafür allerdings schlicht das Präsens.

 

Deutsch: Er gehe/würde gehen - er ginge/wäre gegangen

Englisch: He would go - he would have gone

Schwedisch: Jag skulle gå

Italienisch: Io andrei - io sarei andata - io vada - io andassi - io sia andata - io fossi andata

 

In manchen Sprachen spielt der Konjunktiv auch bei Höflichkeitsformen mit hinein ("Würdest du mir bitte das Salz reichen?"), in manchen stellt es eine Unsicherheit oder eigene Meinung dar ("Penso che sia difficile" - Ich denke, dass es schwer ist - eigentlich "sei").

 

Unmittelbar mit dem Konjunktiv hängen die hypothetischen Sätze zusammen. Davon gibt es drei:

  1. Wahrscheinlichkeit ("Wenn ich Zuhause bin, öffne ich dir die Tür.")
  2. Möglichkeit ("Wenn ich Zuhause wäre, würde ich dir die Tür öffnen.")
  3. Unmöglichkeit "Wenn ich Zuhause gewesen wäre, hätte ich dir die Tür geöffnet.")

Welchen Regeln folgen diese Sätze in deiner Sprache? Häufig ist es nämlich so, dass im Nebensatz ("Wenn ...") der normale Konjunktiv nicht richtig wäre, etwa im Englischen oder Italienischen:

 

If I were you, I would take the strawberry.

Se io fossi in te, prenderei la fragola.

 

 

Der Imperativ

 

Schließlich noch der Imperativ. Dieser ist sehr viel einfacher, immerhin gibt es davon wenige Formen: 2. Person Singular und Plural, 1. Person Plural sowie die Person für die Höflichkeitsform, welche auch immer du dir bei den Personalpronomen dafür ausgesucht hast.

Partizip Präsens und Partizip Perfekt

Schließlich gibt es noch die beiden Partizipien, die das Verb unkonjugiert in den Satz stellen. Wie der Name schon sagt, geschieht das beim Partizip Präsens (Gerundium) in der Gegenwart, beim Partizip Perfekt in der Vergangenheit. Das Partizip Perfekt ist außerdem ein Teil des Verbes in den Vergangenheitsformen der Zeiten: Perfekt, Plusquamperfekt und Futur 2. 

 

Partizip Präsens: lachend, lebend

Partizip Perfekt: gelacht, gelebt

 

Übrigens wird das Partizip Präsens in anderen Sprachen viel häufiger verwendet als im Deutschen. Im Englischen begegnet es und in sämtlichen Progressive-Zeiten (laughing, living), im Italienischen ist es ein Zeichen für guten Stil wenn man in einem Satz mit zwei Verben das eine durch ein Gerundim ersetzt:

 

Aumenta il pericolo di morire bevendo petrolio.

Die Gefahr zu sterben nimmt zu, wenn man Öl trinkt. (Die Gefahr zu sterben nimmt Öl trinkend zu.)

Übersicht

Die Tabelle für ein Verb könnte also aussehen wie die folgende:

 

  ich du er wir ihr sie
Präsens Indikativ  gehe gehst geht gehen geht gehen
Präteritum Indikativ ging gingst ging gingen gingt gingen
Futur 1 Indikativ werde g. wirst g. wird g. werden g. werdet g. werden g.
Präsens Konjunktiv gehe gehest gehe gehen gehet gehen
Präteritum Konjunktiv ginge gingst ging gingen ginget gingen

Partizip Präsens: gehend

Partizip Perfekt: gegangen

 

Imperativ 2. Person Singular: geh!

Imperativ 1. Person Plural: gehen wir!

Imperativ 2. Person Plural: geht!

Imperativ Höflichkeitsform: gehen Sie!

Passivformen

In der Theorie müsste man nun diese Tabelle auch noch ins Passiv setzen (nur die Tabelle, nicht die sechs unteren Zeilen). In der Praxis ist das jedoch einfacher - es sei denn, du willst es dir kompliziert machen. Die meisten heutigen Sprachen bilden das Passiv, indem sie ein Hilfsverb heranziehen, dieses deklinieren und das gewünschte Verb einfach nur ins Partizip Perfekt dahinter anhängen.

 

Deutsch: ich wurde gefragt

Englisch: I was asked

Italienisch: sono stata chiesta

 

Im Lateinischen werden dagegen eigene Passivendungen verwendet, die an den Wortstamm angefügt werden:

 

Präsens: ego voco - ego vocor

Imperfekt: ego vocabo - ego vocabar

Verbklassen

Viele Sprachen haben verschiedene Verbklassen. Auch dieses System kann sowohl einfach als auch unglaublich komplex sein. Die Klassen können bereits in der Verbendung ersichtlich sein (wie im Italienischen die Verben auf mangiare, scrivere und dormire) oder von der Betonung abhängen (lateinische e-Konjugation und konsonantische Konjugation: vidēre und agėre: ego video und ego ago). Manchmal sind die Formen im Infinitiv gar nicht erkennbar, sondern zeigen sich erst in der Konjugation, wie etwa im Schwedischen (köpa und gilla: jag köper und jag gillar).

Hilfsverben, Modalverben und Reflexivverben

Schließlich und endlich verdienen noch die Hilfs-, Modal- und Reflexivverben einen genaueren Blick.

 

Die Hilfsverben sind jene Verben, die uns helfen, andere Verben in das richtige Tempus zu setzen. Die meisten Sprachen kennen 2 Hilfsverben (sein und haben), im Deutschen haben wir zusätzlich werden zur Bildung des Futurs und des Passiv.

Häufig werden sowohl sein als auch haben für die Vergangenheitszeiten verwendet, manche Sprachen wie das Englische oder Schwedische verwenden allerdings nur haben und reservieren sein für die Passivkonstruktionen. 

 

Modalverben können niemals alleine stehen (bzw. wenn sie es tun, übernehmen sie nicht die Funktion eines Modalverbs). Das heißt, sie verlangen immer das Beisein eines zweiten Verbs, das im Infinitiv steht. Folgende Modalverben werden in den meisten Sprachen verwendet:

  • können
  • wollen
  • dürfen
  • sollen
  • müssen

Diese Verben können allerdings variieren. So kennt das Schwedische weitere Modalverben (att bruka = gewöhnlich etwas tun, att hinna = etwas zeitlich schaffen, att orka = die Energie für etwas haben), während das Italienische nur vier davon kennt, da es nicht zwischen sollen und müssen unterscheidet.

 

Leg am besten auch gleich die Bedeutung dieser Modalverben in der negativen Form fest. Im Deutschen springen wir da etwas aus dem Muster im Vergleich zu anderen Sprachen. Während "du musst nicht essen" auf eine Freiwilligkeit hindeutet, ist das englische "you mustn't eat" ein klares Verbot.

 

Zum Schluss werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Reflexivverben, also die rückbezüglichen Verben. Das sind jene Verben, die mit dem Reflexivpronomen sich gebildet werden. Per se unterscheiden sie sich nicht zwangsläufig von anderen Verben - wenn man das nicht will -, in vielen Sprachen nehmen sie aber eine Sonderstellung ein.

Beispielsweise werden Reflexsivverben im Deutschen immer mit dem Hilfsverb haben in die Vergangenheit gesetzt, niemals mit sein. Umgekehrt verwenden das Italienische und das Französische nur das Hilfsverb sein. In diesem Sprachen werden zudem alle Verben, die mit sein ergänzt werden, an das Geschlecht des Subjekts angepasst.

 

Lei ha guardato un film > Sie hat einen Film geschaut.

Lei é andata a casa > Sie ist nach Hause gegangen.

Lei si é guardata nello specchio > Sie hat sich im Spiegel angeschaut.

 

Zusätzlich bindet das Italienische das Reflexivpronomen im Infinitiv an seinen Verbstamm und vereinfacht somit die Unterbringung im Satz: guardarsi.

Das Adjektiv

Die Präpositionen


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