Sprache 4: Das Adjektiv

Halbzeit bei den drei wichtigsten Wortgruppen. Heute schauen wir uns das Adjektiv an, das mit seinen unterschiedlichen Formen dem Substantiv an Komplexität sogar noch überlegen ist: Starke und schwache Adjektive, Deklination, Steigerung, noch mehr Deklination, Adverben ... Das Adjektiv ist äußerst zeitaufwendig in der Entwicklung einer Sprache.

Worum geht es in diesem Artikel?

  • Auswahl des Deklinationsgrades und der Deklinationsklassen nach Geschlecht, Zahl und Fall
  • Deklination von starken und schwachen Adjektiven
  • Steigerung in Komparativ und Superlativ
    • Deklination von starken und schwachen Verben in Komparativ und Superlativ
  • Form des Adverbs
  • Unpersönliches Adjektiv (Form nach "es/das ist")
  • Stellung in Bezug auf das Substantiv
  • Nominalisierung und Einfügen in eine bereits bestehende Deklinationsklasse

Die Beugung des Adjektivs

Adjektive sind äußerst vielfältig in ihrer Verwendung. Wenn man an seiner Sprache bastelt, sollte man diese unterschiedlichen Varianten im Kopf behalten - auch wenn man vielleicht ganz bewusst entscheidet, sie zu übergehen. In der Zusammenfassung sind diese Formen:

  • Starkes oder schwaches Adjektiv
  • Adjektiv oder Adverb
  • Steigerung
    • Komparativ
    • Superlativ

Bis auf das Adverb sind all diese Kategorien deklinierbar. Das heißt es reicht nicht nur eine schlichte Deklinationstabelle des Adjektivs in seiner positiven Form ("schön", "schöne", "schönes"), sondern auch in allen anderen Varianten muss die Deklinationstabelle in sämtlichen möglichen Geschlechtern und Fällen durchgegangen werden.

Die Varianten des Deklinationsgrades

Hast du dich dazu entschlossen, in deiner Sprache auf die Fälle zu verzichten, dann kannst du diesen Schritt überspringen. Natürlich ist es auch bei einer deklinarbaren Sprache kein Muss, die Adjektive ebenso zu beugen. Rein aus Faulheit würde ich aber nicht dazu raten, diesen Schritt wegzulassen.

 

Man kann die Beugung unterschiedlich weit treiben. Ich würde in vier Varianten unterscheiden:

  1. Vollkommener Verzicht auf jegliche Beugung wie im Englischen (mangels grammatikalischen Geschlechts und Fällen)
  2. Anpassung des Adjektivs lediglich an Geschlecht und Zahl, nicht aber an Fälle, wie im Italienischen, Spanischen, Französischen oder Schwedischen
  3. Anpassung des Adjektivs an Geschlecht, Zahl und Fälle wie im Deutschen
  4. Anpassung des Adjektivs an Geschlecht, Zahl und Fälle sowie Unterscheidung verschiedener Deklinationsklassen wie im Lateinischen

 

Bei der Deklination des Adjektivs stehen auf der einen Seite der Tabelle die Fälle, auf der anderen Seite die möglichen Geschlechter, die du bei den Personalpronomen der 3. Person Singular und Plural angegeben hast.

Möchtest du zusätzlich unterschiedliche Deklinationsklassen verwenden, könnte das aussehen wie im Lateinischen: Neben den normal deklinierbaren Adjektiven wie sanus (normale Endungen auf -us, -a und -um) gibt es auch spezielle Gruppen: sogenannte einendige, zweiendige und dreiendige Adjektive. Der Name beschreibt, ob sich die Deklination im Geschlecht unterscheidet oder ob männliche und weibliche oder männliche, weibliche und sächliche Form zusammenfällt.

Auch im deklinationsfreien Italienisch gibt es heute noch zwei Klassen von Adjektiven: jene, die vier Endungen annehmen können (männlich Singular, männlich Plural, weiblich Singular und weiblich Plural) und jene, die nur zwei Endungen annehmen (männlich und weiblich Singular, männlich und weiblich Plural).

 

Die Deklination

Nun geht es an die Deklination. Natürlich kannst du die Endungen übernehmen, die du bereits bei den Substantiven verwendet hast. Achte allerdings darauf, dass das deiner Sprache einen sehr monotonen Rhythmus gibt - ganz besonders dann, wenn die Wortendungen von starken Silben dominiert werden. Das sieht man deutlich an ein paar Sprachbeispielen:

 

Lupus malus est et in domo puellarum mulierumque beatarum intrat.

 

Das ist typisch Latein. Mit den langen starken Endungen -us und -arum bzw. -um wirkt das Ganze sehr statisch, wenn auch melodisch. Andere romanische Sprachen wie etwa das Italienische und Spanische gleichen ihre Adjektivendungen zwar ebenfalls an das Substantiv an, allerdings sind ihre Endungen nicht ganz so stark, wodurch der Klang schon wieder ein ganz anderer ist:

 

Il lupo é cattivo e entra nella casa delle ragazze e delle donne contente.

 

Beim Erstellen meiner letzten Sprache hat mir gerade das Kopfzerbrechen bereitet. Einerseits scheint es nur allzu natürlich, die Adjektivendungen an jene der Substantive anzugleichen. Andererseits bekommt die Sprache so diesen sehr strengen, melodiösen Klang, der in meinem Fall einfach nicht passen wollte. Mitunter muss man an dieser Stelle einige Male experimentieren.

Es ist ratsam, nach der Deklination der Adjektive einige Satzversuche zu unternehmen und ggf. Platzhalter für Verben und andere Wortarten einzubauen. Auf diese Weise kann man kontrollieren, ob der Sprachrhythmus zu dem passt, den man angestrebt hatte.

Starke und schwache Adjektive

Nicht in allen Sprachen wird deutlich zwischen starkem und schwachem Adjektiv unterschieden. Auch hier musst du selbst entscheiden, wie strukturiert oder einfach deine Sprache sein soll.

Die schwachen Adjektive sind jene, die hinter dem direkten Artikel stehen. Die starken Adjektive stehen hinter dem unbestimmten Artikel, Zahlenwörtern, Possessivpronomen, Indefinitpronomen oder alleine.

 

Schwach also: 

der große Mann/die große Frau/das große Kind

 

Stark dagegen:

ein großer Mann/eine große Frau/ein großes Kind

mein großer Mann/deine große Frau/sein großes Kind

kein großer Mann/jene große Frau/manches großes Kind

großer Mann/große Frau/großes Kind

 

Hier beginnt der Spaß also von Neuem: Erneut kannst du die Adjektive in jene Deklinationstabellen einordnen, die bereits oben verwendet hast. Sprachen, die nicht ganz so komplex sind wie das Deutsche, aber dennoch zwischen starken und schwachen Adjektiven unterscheiden, machen es sich etwas einfacher: Im Schwedischen ist die schwache Form einfach immer die Endung -a.

 

Stark: en fin flicka

Schwach: min fina flicka

Die Steigerung

Eine weitere wichtige Facette von Adjektiven ist die Möglichkeit sie zu steigern. Es gibt drei unterschiedliche Formen: Positiv (schön), Komparativ (schöner) und Superlativ (am schönsten).

 

Auch hier kann man auf von verschiedenen Möglichkeiten der Steigerung wählen:

  • Man verändert das Adjektiv an sich (durch eine andere Endung zum Beispiel)
  • Man fügt ihm das Wort "mehr" (Komparativ) oder "am meisten" (Superlativ) bei
  • Man mischt beide Varianten

Letzteres tun etwa das Englische oder Schwedische:

 

hot - hotter - hottest

interesting - more interesting - most interesting

 

In manchen Sprachen gibt es nicht einmal ein "meist". "Meist" ist die Steigerung von "mehr" (was wiederum die Steigerung von "viel" ist). Im Italienischen sieht der Superlativ daher etwas seltsam aus und kann in Sätzen häufig nur durch den Kontext verstanden werden:

 

caldo - più caldo - il più caldo

Questo è l'estate più caldo che ho mai vissuto. (Das ist der heißeste Sommer, den ich je erlebt habe.)

 

 

Bisher ist mir allerdings noch keine Sprache begegnet, die nicht eine eigene, häufig unregelmäßige Steigerung für folgende Wörter hatte: gut, schlecht, groß, klein. Selbst das Italienische verzichtet dafür auf die umständliche Bildung mit "più" und spricht nur von "meglio/migliore", "peggio/peggiore" usw.

 

Hast du dich oben dafür entschieden, deine Adjektive zu deklinieren? Dann solltest du dir auch überlegen, wie die Deklination von gesteigerten Adjektiven aussieht. Keine Sorge, diesmal musst du keine neuen Endungen erfinden. Du kannst dieselben Endungen einfach an den Komparativ und Superlativ anschließen und musst dir lediglich eine Regel überlegen, nach der das gemacht wird. Denk aber daran, dass starke und schwache Adjektive - wenn sie bereits oben getrennt wurden - auch jetzt in ihrer jeweiligen Klasse bleiben.

 

großes Haus - größeres Haus - größtes Haus

kleine Katze - kleinere Katze - kleinste Katze

Adjektiv oder Adverb?

Macht es in deiner Sprache einen Unterschied, ob das Adjektiv wie ein Adjektiv oder ein Adverb verwendet wird? Für Deutschsprachige ist dieser Unterschied leider nicht so leicht zu erfassen wie für Sprecher anderer Sprachen.

 

Der Unterschied zwischen Adjektiv und Adverb besteht in ihrem Bezugswort:

  • Das Adjektiv dient dazu, ein Substantiv zu beschreiben. "Der grüne Baum" beispielsweise. Oder "der müde Fuchs". Aber auch bei "Der Baum ist grün" und "Der Fuchs scheint müde" dient das Adjektiv immer dazu, das Substantiv zu beschreiben und bleibt daher ein Adjektiv.
  • Ein Adverb dagegen bestimmt ein Verb näher. "Der Baum wächst langsam" oder "der Fuchs flüchtet schnell". In diesen Beispielen sagen die Adjektive nichts über die Substantive aus, sondern über die Verben.

Im Deutschen macht das keinen Unterschied. Ob der Fuchs schnell ist oder schnell läuft, verändert nichts an der Form des Adjektivs. Anders ist das im Englischen oder Italienischen.

 

The fox runs fastly - The fox is fast

La volpe corre velocemente - La volpe è veloce

 

Wenn in deiner Sprache also zwischen Adjektiv und Adverb unterschieden werden soll, dann überlege dir, wie dieser Unterschied sichtbar gemacht wird. Welche Endung haben Adverben?

Keine Sorge - diesmal reicht eine Endung völlig aus. Da Adverben sich auf Verben beziehen, die man bekanntlich nicht deklinieren kann, macht es keinen Sinn, ein Adverb zu beugen.

 

Das beigefügte oder bestimmende Adjektive

In manchen Sprachen besitzt das Adjektiv eine andere Form, wenn es direkt neben ein Substantiv gestellt oder durch das Verb sein bestimmt werden. 

 

Der Fuchs ist rot - aber: Der rote Fuchs

 

Im Italienischen variiert das dagegen nicht:

 

 

La volpe è rossa - La volpe rossa

 

In dem Zusammenhang kannst du dir auch darüber Gedanken machen, wie unpersönliche Aussagen mit einem Adjektiv aussehen: Es ist warm, Das ist lustig.

Im Schwedischen verwendet man dafür beispielsweise nicht die Grundform des Adjektivs, sondern die neutrale Form:

 

varm: Det är varmt

rolig: Det är roligt

Die Stellung

Wo stehen deine Adjektive innerhalb des Satzes? Vor dem Substantiv? Oder dahinter? Spielt es vielleicht gar keine Rolle?

 

Im Deutschen ist es normal, dass die Adjektive vor dem Substantiv stehen. Es heißt "der lange Fluss" nicht "der Fluss lange". Insbesondere in den romanischen Sprachen ist es allerdings üblich, die meisten Adjektive hinter das Substantiv zu stellen (Ausnahme sind häufig gebrauchte und kurze Adjektive wie "gut" oder "schön"). Woran das genau liegt, weiß ich nicht, denkbar wäre aber, dass es der Übersichtlichkeit dient, wenn es schon keine Deklinationen gibt.

Die Nominalisierung

Damit kommen wir zum letzten Punkt, der Nominalisierung der Adjektive. Was geschieht mit dem Adjektiv geschieht, wenn es als Nomen verwendet wird? Wenn wir von der schönen Frau also nur mehr von "der Schönen" sprechen oder vom großen Mann als vom "Großen".

Deklinationsfreudige Sprachen haben auch hier ihr eigene Endung. Aber wie immer gilt: Alles kann, nichts muss. Nehmen wir das alte Beispiel Italien her. Ob man von "la donna bella" spricht oder schlicht von "la bella" macht rein von der Form des Adjektivs keinen Unterschied.

 

Lässt sich deine Sprache deklinieren, dann macht es Sinn, wenn du deine nominalisierten Adjektive in eine bereits existierende Deklinationsklasse einteilst. Eine reicht an der Stelle völlig - alles weitere würde deine Sprache sehr unübersichtlich und nicht wirklich realistischer machen.

Das Substantiv

Das Verb


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